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2023-12-30

Dorf oder Wohngemeinschaft?

Vor dieser Frage stand ich, als ich mal wieder vor dem Altglas-Container in Neureut stand. Es gibt natürlich nicht nur einen einzigen Glascontainer in Neureut, wenn ich aber trotzdem von dem Altglas-Container spreche, dann deshalb, weil eben der mich schon so oft in ernsthafte, gedankliche Krisen gebracht hat. 2011-11-05 ist zwar schon ein paar Jahre her, aber immer noch nicht vollständig verarbeitet, geschweige denn vergessen.

Basierend auf der vermeintlich schlauen Idee, das Altglas schon einen Tag vor Silvester und nicht erst danach weg zu bringen, habe ich also mein Fahrrad heute auf der anderen Straßenseite des Glas-Containers geparkt. Da ich zu denen gehöre, die schon einmal zu gesehen haben, wie so ein Container geleert wird, nehme ich den extra Laufweg über die Straße gerne in Kauf, denn ansonsten wäre nach der Glasaktion mindestens ein Reifen platt. Und der dann anstehende Laufweg nach Hause wäre in der Gesamtbilanz locker um ein Vielfaches länger als das zweimalige Überqueren der Straße. Okay, okay, eigentlich müsste ich mit dem Erwartungswert rechnen, denn der platte Reifen ist ja nur der GAU und der wird sicherlich nicht jedesmal eintreten. Aber so ein "mir-passiert-schon-nix" Optimismus ist in Deutschland nun mal nicht weit verbreitet, sonst wäre es nämlich um das Geschäftsmodell der diversen Versicherungen ziemlich schlecht bestellt.

Entgegen meiner anti-zyklischen Theorie standen aber trotzdem schon einige Flaschen und Gläser vor dem Container und der Einwurf war auch nicht mehr das schöne schwarze Loch, sondern da lugten schon die Flaschen grimmig nach draußen. Also verteilte ich erstmal meine grünen und braunen Flaschen auf die beiden anderen nicht so überfüllten Container. Das waren aber nur 3 oder 4, denn Sektflaschen gab es nun mal vor Silvester noch nicht und der typische WG Glas Bestand besteht eben aus Pastasoßen-, Pesto- und Instantcafe-Gläsern und harten Alk Flaschen, also alles Weißglas. Die Grün- und Braun-Glas Einwurfszeit war zwar kurz aber doch ausreichend, um auf die Lösung für mein Weißglasproblem zu kommen. Anscheinend ist aber außer mir keiner auf die gleiche Idee gekommen. Ich frage mich nun, ob das daran liegt, dass die Leute es alle für total abwegig halten, dass so ein Container symmetrisch augebaut sein könnte und eben vorne und hinten ein Einwurfloch hat. Oder daran, dass ich 15 Semester Physik-Studium Vorsprung habe vor den meisten meiner Mitbürger und ihnen deshalb verständlcherweise nicht klar ist, dass es zwar ein Fließverhalten von Glas gibt – gerne beobachtet in großen Scheiben -- dass es sich aber deutlich von dem von Wasser unterscheidet, und man deshalb nicht annehmen muss, dass der Pegelstand vom Glas auf der Rückseite genauso hoch ist wie auf der Frontseite.

Was soll ich sagen, die Flaschen von mir waren so leicht durch den Hintereingang zu versenken, dass ich dachte: "Was solls? Die 5 oder 10 Flaschen und Gläser, die da vorne dran stehen, werfe ich jetzt auch noch hinten ein, dann sind sie weg." Es wäre für mich kein großer Mehraufwand und hätte den Vorteil, dass ich den nach mir kommenden denk- und rechen-faulen Mitmenschen, die Ausrede entziehe, ihre Flaschen auch einfach vor dem Container zu deponieren, "weil ja schon welche da stehen!" Gutmütigkeit und Allmend-Gedanke reichen eben manchmal nicht als Motivation, da muss auch noch ein bisschen Gehässigkeit dazu kommen: "Diese einfache Ausrede gönne ich ihnen nicht!"

Allerdings reichte die Gehässigkeit als Zusatzmotivation auch nicht mehr aus, als nach der dritten Flasche von vorne, mich ein häßlich verschmierter Deckel auf der vierten Flasche anstarrte. Die eigenen Deckel hatte ich ja noch abgeschraubt, aber das für Fremde zu tun, war dann doch zu viel. Und das ist der Punkt, der mich auf den WG-Vergleich aus der Überschrift bringt. Da kennt man ja auch die klassischen vollgestellte Spülen Situation: "Na gut, den einen Topf und die 3 Teller spüle ich noch schnell mit … grr, verdammte Hacke, das Zeug ist eingetrocknet …". Vorher habe ich ja noch die durchaus einleuchtende Gesamtbilanz-Rechnung gemacht: "Ich könnte das jetzt einfach hier stehen lassen und drum herum spülen, aber dann würde ich mich mindestens 10 Minuten lang darüber ägern. In Summe ist es besser 4 Minuten mehr zu spülen." Und dann führt der eine Moment, in dem festgestellt wird, dass doch intensiveres Schrubben gefragt ist, dazu, dass die nüchterne Rechnung von einem überbordendem Gefühl der gerechten Empörung hinweg gespült wird. Einem KI-Spülroboter wäre das nicht passiert.``

Ja, ja, ich höre schon die Einwände "WG ohne Spülmaschine? Seid ihr bescheuert? Man kann sich auch anders das eigene Grab schaufeln." Allerdings – und jetzt wird es ein bisschen peinlich – für eine Spülmaschine braucht man zumindest soviel Geschirr, dass auch noch was zum Benutzen übrig ist, wenn der andere Teil in der Spülmaschine auf Säuberung wartet.

RolF