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2012-03-10

Radikaler Umbruch bei den Tageszeitungen

Nicht nur, dass das BILD-Girl von Seite 1 verschwindet – wobei über das wohin bisher noch nicht berichtet wurde. Vielleicht taucht das Mädel ja nach englischen Vorbild auf Seite 3 wieder auf. Heute morgen am Kiosk konnte ich mich nur vom Verschwinden überzeugen, bis auf Seite 3 zu blättern, wäre mir dann doch zu peinlich gewesen, samstags ist der Menschenandrang dank Lotto nämlich erheblich größer als sonst.

Also habe ich mich bemüht, den Intellektuellen-Anschein zu wahren, und die taz gekauft. Und da ist der nächste Umbruch zu beobachten, vielleicht ging er aber auch der Kehrtwende bei der BILD voraus. Weiss ich nicht so genau, ich kaufe und lese die taz ja nur in unregelmäßigen Abständen. Das muss aber nicht sein, denn heute haben sie eine Werbepostkarte beigelegt für ein 10-wöchiges Probeabo für 10 Euro. Das wären sensationelle 16 Cent pro Ausgabe! Und das bei einer Zeitung, die notorisch nach neuen GenossenschaftlerInnen als Investoren nachfragt. Irgendwas kann da nicht stimmen. Vielleicht dass der übliche Satz "In den nächsten 2 Wochen bekommen Sie unsere Zeitung in den frühen Morgenstunden bequem nach Hause zugestellt." fehlt? Man hat zwar dann ein Abo über 10 Wochen, muss sich die Zeitung aber selber jeden Tag bei der Druckerei in Berlin, Hamburg, Frankfurt und wo die taz sonst noch alles in Druck geht abholen. Respekt, das ist mal eine richtig gute Geschäfts-Idee. Eigentlich sollte ich das auch machen: Ich gebe die Zeitung Tuvalu-News raus und verkaufe dafür 3 Monats-Abonnements an die geneigten Leser in Deutschland. Die jeweiligen Ausgaben müssen sie sich halt auf der Südsee-Insel selber abholen. Und wehe, es kommt jemand auf die Idee, sich darüber zu beschweren! Beim Babos war's doch genauso: Da konnte man Pizza, Döner oder frittiertes Hähnchen auch nur bestellen, abholen musste man selber. Wieso gibt's den Babos eigentlich nicht mehr? Klare betriebswirtschaftliche Diagnose: Weil er's verpennt hat, ein Abo-System einzuführen! Kaum weniger verzeihlich als der Fehler von den Griechen, die es damals versäumt haben, sich die Rechte an Olympia zu sichern, dann säßen sie heute nämlich nicht so in der Bredouille.

In Anbetracht des anderen Windes, der aktuell in der Zeitungsbranche weht, sollte ich jetzt aber tunlichst korrekt anmerken, dass ich den Olympia-Gag aus der taz-Karrikatur von heute geklaut habe, sonst steht mir vielleicht doch eine Abmahnung ins Haus, die erste die von der taz initiiert würde. Und vielleicht sollte ich auch noch mit dem tatsächlichen Grund rausrücken, wie es zu den unglaublichen 16 Cent kommt. Auf der Karte gibt es eine Anmerkung im Kleingedruckten: "Das Angebot ist nur gültig bis zum 10. März 2012 und nur innerhalb Deutschlands." Also ab zum Bahnhof, mit dem ICE nach Berlin und die Karte direkt beim Verlag in der Rudi Dutschke Straße einwerfen – dann könnte es noch reichen.

Das mit den Abo-Klauseln bei der taz ist mir eigentlich weitgehend egal. Denn was nutzt mir ein Abo, egal ob 16 Cent pro Ausgabe oder irgendwelche x Euro, wenn ich keine Zeit habe, die Zeitung zu lesen. Wobei, wenn ich die jeden Tag in Berlin oder Frankfurt abholen müsste, dann hätte ich ja im Zug Zeit … Komisch, dass man sich so lange mit einem Abonnement beschäftigen kann, eigentlich wollte ich ja was zum Inhalt in der taz sagen. Da schaute mich nämlich heute auf der Seite 5 (und ich verkneif' mir jetzt eine Abschweifung, wieso Anzeigen auf ungeraden Seiten teurer sind als auf geraden) eine Drittel-Seite Werbung in Farbe an. Und eben nicht eine Hinweis-Werbung für eine Veranstaltung im alternativen Umfeld, das gabt's ja schon immer, sondern ganz schnöde eine Werbung für einen Konzern, der "mehr als 600x in Europa" vertreten ist.

Ich glaube ich werf' die Postkarte doch noch in den Briefkasten und schreibe aber dann gleich mit drauf, dass ich mein 10-wöchiges Abo kündige, das ich noch gar nicht habe.

RolF