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2006-08-06

Man muss sich rauchend verhalten

Manchen merkt man die jahrelange Fernseh-Abstinenz eben doch an. Das sind die, die sich über Christiansen noch aufregen können. Und mit "Christiansen" meine ich jetzt die Show nicht die Moderatorin. Aber so eine Borniertheit wie an dem heutigen Abend über Rauchverbote ist mir auch schon lange nicht mehr untergekommen. Da wird doch allen Ernstes behauptet, es gäbe in den Zügen keine saubere Trennung zwischen Raucher und Nicht-Raucher, weil der Kontrolleur ja durch beide Abteile durchgehen müsste. Schon sehe ich den Schaffner als schleichenden Schwarzen Tod vor mir, wie er die todbringenden Partikelchen auf der schmucken Uniform vom Raucherabteil zu den armen, unschuldigen Nichtrauchern bringt. Da merkt unsere Gesundheitsministrerin dann doch noch, dass diese Argumentation stark zum Lächerlichen neigt, und kriegt gerade noch die Kurve, in dem sie den armen Kontrolleur zum Opfer macht, der an seinem Arbeitsplatz gegen seinen Willen durch unerträgliche Qualmwolken hindurch muss.

Gleiches gilt natürlich auch für die Bediensteten in Gaststätten. Für diese Argumentation habe ich ja auch ein gewisses Verständnis. Wenn die nicht aus den Mündern kommen würde, die 2 Minuten vorher in bester Verschwörungstheorie Manier, der Tabak-Industrie vorgeworfen haben, dass sie wissenschaftliche Studien einkaufen, bestimmte Ergebnisse unter Verschluss halten würden und selbstverständlich zusätzliche Abhängigkeit förderende Stoffe dem Tabak beimischen. Nicht dass ich das der Tabak-Industrie nicht zutrauen würde, aber die Methode ist doch allzu offensichtlich: Es gibt keine sachlichen Argumente für ein staatlich verordnetes Rauchverbot, also baut man eine Freund-Feind Konstellation auf. "Der Staat schützt euch ja nur vor den Krallen dieser Mafia!" Danke, diese Art von Paternalimus brauche ich nicht. Wie sagte doch Bruno Jonas vor etlichen Jahren: "Ich brauche keine Herrschaft. Ich bin für Selbstbeherrschung als kleinstmögliche Art von Faschismus."

Lustig fand ich es auch, als die Europa-Karte zum Vergleich der Rauchverbote in den verschiedenen Ländern eingeblendet wurde. Deutschland in Grün, als Land ohne Verbote, umrahmt von roten und orangenen Zonen. Ich konnte mir da nicht helfen, ich sah die Farbaufteilung und dachte nicht "Oh, wie rückständig sind doch wir Deutschen!" sondern: "Iss ja interessant. Dass reflektiert ja auch genau die Geschwindigkeitsbegrenzungen auf den Autobahnen der jeweiligen Ländern."

Die Automobil-Industrie hat natürlich einen viel besseren Ruf als die Tabakindustrie. Die kann ja auch mit glücklichen Kindern in glücklichen Familien mit noch glücklicheren Grossraumlimousinen werben. "Feinstaub, was ist das? Und bei der Automobil-Industrie geht es ja um Arbeitsplätze!"

So, aber ich geh' jetzt auf den Balkon eine rauchen – und morgen bin ich abhängig. Das habe ich in der Diskussion gelernt: Nikotin macht viel stärker süchtig als Heroin. Schon nach 2 Zigaretten kann man abhängig sein. Irgendwie habe ich auch in Erinnerung, dass Methadon auch stärker abhängig macht als Heroin. Muss ich mir für zukünftige Diskussionen merken: "Hey, Computerspiele machen sehr viel stärker abhängig als Heroin." Oder "Zimtlatschen machen viel schneller abhängig als Heroin."

Ich weiss natürlich nicht, ob ich Satre richtig verstanden habe. Aber es kann durchaus sein, dass man sich rauchend verhalten kann, ohne zu rauchen. Und wenn ich mir das noch ein Weilchen überlege, kann ich mich so langsam mit dem Rauchverbot in Gaststätten anfreunden. Dadurch gäbe es dann nämlich die Chance zu so coolen Aktionen, wie in der Stammkneipe zur Theke zu gehen und ein lockeres "Hey Chef, lass uns mal vor die Tür gehen, eine rauchen …" in Richtung Mann hinter dem Zapfhahn raus zu lassen.

RolF